Geschichte der Stiftung Sammlung Kamm

Zug-Wien, zwei Orte, eine Sammlung
Der Sammlungsschwerpunkt Wiener Moderne der Stiftung Sammlung Kamm ist nicht zufällig, er liegt in vielfältiger Weise in der Biografie des Ehepaars Kamm begründet; Editha Kamm-Ehrbar stammte aus Wien, der Glarner Fritz Kamm arbeitete ein Jahrzehnt lang in der Stadt.
1932 heirateten Fritz Kamm (1897-1967) und Editha Kamm-Ehrbar (1901-1980) in Zürich und liessen sich in Zug nieder. Das Ehepaar war vor allem an Musik, Oper und Theater interessiert. Durch die Bekanntschaft mit dem österreichischen Bildhauer Fritz Wotruba und seiner Frau Marian, die sich während des Zweiten Weltkriegs im Schweizer Exil befanden, eröffnete sich den Kamms neben den darstellenden Künsten der Zugang zur bildenden Kunst. Eine enge freundschaftliche Beziehung zwischen dem Ehepaar Kamm und Fritz und Marian Wotruba bildete die Grundlage für den wechselseitigen Austausch, der auch nach dem Krieg zwischen Wien und Zug fortdauerte. In die Exilzeit fielen erste Werkankäufe durch Fritz Kamm. Neben Fritz Kamm fanden sich auch weitere Käufer wie etwa der Winterthurer Unternehmer und Kunstsammler Georg Reinhart und der Zürcher Unternehmer Emil Bührle.
Durch einen persönlichen Kontakt zum Zuger Bundesrat Philipp Etter erhielt Wotruba einige Privilegien während seines Aufenthaltes. Neben einer Arbeitserlaubnis wurde die Reisebeschränkung aufgehoben, und er verfügte über eine beschränkte Bewilligung zum Ausstellen und Verkaufen seiner Werke. Während der Jahre im Exil beteiligte sich Wotruba dann auch an Ausstellungen in der Schweiz, unter anderem im Kunstmuseum Winterthur, dem Kunsthaus Zürich, dem Kunstmuseum Basel und der Kunsthalle Bern.
Das Domizil der Wotrubas in Zug war Treffpunkt für zahlreiche Exilanten und Zeitgenossen wie Marina und Marino Marini, Germaine Richier, Hermann Haller und Fritz Hochwälder. Aber auch Zuger Künstler wie etwa der Fotograf Armin Haab und der Grafiker Werner Andermatt standen in engem Kontakt mit Fritz Wotruba. Der junge Leo Hafner lernte bei ihm die Bildhauerei. Kurz nach dem Krieg kehrten Marian und Fritz Wotruba Ende 1945 nach Wien zurück. Im selben Jahr wurde Fritz Wotruba von Herbert Boeckl an die Akademie der Künste in Wien berufen. Die Leitung der Meisterklasse für Bildhauerei sollte Wotruba bis zu seinem Tod 1975 innehaben. In seiner dreissigjährigen Lehrtätigkeit prägte Wotruba mehrere Generationen von Bildhauern und Gestaltern. Als Wotruba-Schüler gelten Joannis Avramidis, Rudolf Hoflehner, Josef Pillhofer, Roland Goeschl und Alfred Hrdlicka.

Galerie Würthle
1953 erwarb Fritz Kamm auf Empfehlung Fritz Wotrubas die Galerie Würthle in Wien. Wotruba wurde künstlerischer Leiter der Galerie und behielt diese Position bis 1965. Fritz Kamm, ein stiller Teilhaber in dieser Partnerschaft, trat nicht öffentlich in Erscheinung und liess Wotruba freie Hand. In den folgenden Jahren zeigte die Galerie ein engagiertes und ambitioniertes Programm, ein Fokus lag auf Zeichnungen.
Bereits im Eröffnungsjahr unter der neuen Leitung zeigte die Galerie eine Auswahl von Werken französischer Künstler wie Villon, Léger und Picasso. Aber auch Wotruba selbst stellte in der Galerie Würthle aus. 1954 beschloss er das Ausstellungsjahr mit eigenen Werken in Stein, Bronze, mit Aquarellen und Zeichnungen. Neben Präsentationen von zeitgenössischen Künstlern spielte die Wiener Moderne im Programm eine wichtige Rolle. Werke von Künstlern aus dem Galerieprogramm finden sich in der Stiftung Sammlung Kamm wieder. Ebenfalls in dieser Zeit werden wichtige Arbeiten von Fritz Wotruba für die Sammlung angekauft. Wotrubas Bild der Moderne widerspiegelt sich sowohl im Programm der Galerie Würthle als auch in der Stiftung Sammlung Kamm. Gespiesen aus den Ausstellungen der Galerie, führte die Verbindung von Wotruba und Fritz Kamm zur Sammlung, die 1998 von Peter und Christine Kamm-Kyburz und Christa Kamm in die Stiftung Sammlung Kamm überführt wurde.